Torjäger Kullmann trifft (noch) nicht
Bernburg. Der halbhohe Pass von Marcus Schubert klatscht kurz vom rechten Oberschenkel ab, der Abschluss mit links ist straff und nicht zu halten. Kurze Zeit später haut er seinen wuchtigen Körper in einen Zweikampf, erkämpft sich den Ball und trifft wieder. Es ist Mittwochabendtraining in der Sparkassen-Arena - und bei Christopher Kullmann klappt im Training all das, was in der Oberliga bisher noch nicht funktioniert.
Kullmann ist in der Sommerpause vom VfB Germania Halberstadt zum TV Askania Bernburg gekommen. Er ist Stürmer und hat früher erste Liga gespielt. Kullmann soll für Tore sorgen. Bislang aber steht in der Oberliga noch die Null. „Ich habe noch nicht das Maximum herausgeholt“, gibt er selber zu.
Klopp, Hummels, Schmelzer, Dedé
Vor knapp zwei Wochen feierte Christopher Kullmann seinen 30. Geburtstag. Er hat bewegte Zeiten hinter sich. Fußballerisch. Als Heranwachsender hatte er beim 1. FC Magdeburg alles gelernt, was einen Fußballer zum Profifußballer macht. Und mit 21 hat er alles auf die Karte Fußball gesetzt, wechselte zu Borussia Dortmund. Sogar der Sprung in die Bundesliga gelang ihm, Kullmann absolvierte in der Saison 2008/09 sieben Spiele unter Jürgen Klopp. Dedé, Marcel Schmelzer, Mats Hummels - sie alle waren damals seine Mitspieler. Christopher Kullmann wurde sogar im Derby auf Schalke für 15 Minuten eingewechselt. Wenn er so über damals erzählt, glänzen seine Augen hell auf - obwohl es mittlerweile stockdunkel ist an diesem Mittwochabend in Bernburg. „Ich hätte mir gewünscht, länger da oben mitzuspielen“, sagt er heute.
Doch Kullmanns Karriere geriet ins Stocken. Er hatte es noch einmal in der 3. Liga bei Rot-Weiß Oberhausen und Arminia Bielefeld versucht, doch so richtig glücklich geworden ist er nirgends. Durch Verletzungen, aber auch „aufgrund einiger Leute, die mir nicht gut gesonnen waren“. Das Haifischbecken Profi-Fußball, letztlich war es zu groß.
Jetzt ist Christopher Kullmann in Bernburg. Dieses Thema, es nicht über einen längeren Zeitraum ganz oben geschafft zu haben, beschäftigt ihn nicht mehr. „Ich schaue nicht mehr zurück“, sagt er, „ich lebe im Moment.“ Dass dieser nicht einfach ist, weiß Kullmann. Nicht nur, weil er bisher in der Oberliga ein Torjäger außer Dienst ist, sondern vor allem, weil Askania Bernburg nach sechs Spielen auf dem ersten Abstiegsplatz steht. „Es ist eine schwierige Situation. Aber wir dürfen nicht zurückblicken, sondern müssen einfach machen.“
Doch „einfach machen“ ist auch einfacher gesagt, als gemacht. Einfach mal ein Tor schießen, das würde für Christopher Kullmann vieles einfacher machen. „Momentan bin ich noch viel am ackern“, sagt er. Dass Kullmann weiß, wo das Tor steht, beweist er im Training, hat er im Landespokal (vier Tore in zwei Spielen) gezeigt.
Und er hatte auch in der Oberliga schon gute Möglichkeiten - aber klar, ein Stürmer wünscht sich immer mehr. „Wenn ich nur eine Chance habe, und mache die halt nicht, ist es schwierig“, sagt Kullmann. Er ist keiner, der sich seine Möglichkeiten selbst herausspielt. Er muss eingesetzt werden, er ist Mittelstürmer der alten Schule - betreibt das Handwerk des Budenmachens, das oft so simpel erscheint und doch so subtil ist. „Selbst die einfachsten Dinger sind manchmal die schwierigsten.“
Gegen Jena II „zählt nur ein Sieg“
Am Sonntag (14 Uhr) empfängt Askania Bernburg die zweite Mannschaft von Carl-Zeiss Jena. Christopher Kullmann sagt: „Es zählt eigentlich nur ein Sieg.“ Doch die Situation für Bernburg ist nicht einfach. Vier Punkt in sechs Spielen, in den letzten vier Spielen drei Niederlagen - immer mit 0:2. „Es ist eine Kopfsache“, erzählt Kullmann. „Wir dürfen nicht zurückblicken, sondern müssen die Situation annehmen und bei Null beginnen.“
Wenn man jetzt fies ist, könnte man sagen: Christopher Kullmann beginnt am Sonntagnachmittag eh wieder bei Null. „Der Schlüssel ist arbeiten“, sagt er. Es gilt für Bernburg, und es gilt für ihn. Auch Tore kann man irgendwann erzwingen. Und wenn er es in Zeiten des modernen Fußballs mit einer Brechstange bewaffnet macht oder indem er seinen wuchtigen Körper in jeden Ball wirft, um ihn irgendwie noch ins verdammte Tor zu lenken. Hauptsache, das Ding ist drin.